Akademische Orchestervereinigung

Der Freischütz - Hofoper 2015

Der Freischütz - Hofoper 2015

Den „Freischütz“ ein bissel geduscht

Romantische Oper anders als gewohnt von Hans Lehmann

Jena. Mit der Inszenierung von Webers „Der Freischütz“ unter der musikalischen Leitung von Sebastian Krahnert im alljährlichen Angebot der zur Tradition gewordenen Hofoper vermochte man soeben Zeichen zu setzen; Nachdenken ist angesagt. Denn in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelsohn Bartholdy“ übernahm man deren diesjährige Inszenierung begleitet von der Akademischen Orchestervereinigung der FSU (AOV).

Über die Zeiten gilt der „Freischütz“ ohnehin nicht mehr nur ein Volksstück im Spiegel sozialgesellschaftlicher Konflikte in Nachkriegszeiten; es war vielmehr für Regisseur Matthias Oldag eine Gelegenheit, analytische Blicke in die Gegenwart zu werfen. Wenn er augenscheinlich bei der Bevölkerung unter alliierter Präsenz in der Nachkriegszeit beginnt und Samiel als despotischen Hauch von Besserwissen bis zum Schluss immer wieder auftauchen lässt, kommt man ins Nachgrübeln. Ganz abgesehen von manch aufleuchtendem Detail geht Musiktheater pur über die Bühne!

Das Sängerensemble in seiner künstlerischen Geschlossenheit spricht für das Leipziger Ausbildungsniveau, wobei die AOV das musikalische Fundament solistisch und im Gesamtklang zu setzen weiß – und das als Liebhaberorchester! Aus dem bewundernswerten Ensemble von Sängerdarstellern und Choristen seien stellvertretend genannt: Johannes Pietzonka (Fürst Ottokar), Johannes Leuschner (Erbförster Kuno), Elisabeth Rausch (Tochter Agathe), Anne Petzsch (Ännchen), Kaspar (Ricardo L. Marquez), Eremit (Andreas Drescher), Bauer Kilian (Arvid Fagerfjäll), Samiel (Fanny Lustaud) und die Brautjungfern (Ayda-Lisa Agwa, Natalja Cantrak, Henrike Henoch, Clara Zepeda). Besonders bewegend die Auseinandersetzungen zwischen Ännchen und Agathe.

Die Natur griff ein

Die „Wolfschlucht“ – zu allen Zeiten ein Höhepunkt. Da leuchten bühnenbildnerisch Stimmungen aus der Unterwelt auf, wie wir sie von italienischen oder niederländischen Malern kennen. Wer denkt beim Jungfernkranzquartett nicht an eigene Erinnerungen vom Üben eines Liedes? Und dann das letzte Bild einer Entscheidung über die Zukunft des Ehekandidaten Max, rotes Parteitagsambiente von ehedem und vielleicht auch heute, nur mit dem Unterschied, dass der spitzbärtige Obere fehlte, um zu sagen: „Niemand hat die Absicht, den Max zu verdammen“.

Doch das hatte Matthias Oldag nicht im Sinn, unerwartet und doch wirkungsvoll griff die Natur ein, es fing an zu regnen und so erlebten die Theaterbesucher der ausverkauften Premiere den versöhnenden musikalischen Schluss in der Aula, wo das menschliche Zueinander und Gleichberechtigung siegen. Ein Orkan von Beifallsstürmen folgte.

Wer es komplett erleben will bei hoffentlich gutem Wetter, sollte es sich ansehen. Im Nachhinein gibt es Gesprächsstoff zur Genüge, musikalische und darstellerische Leistungen unangefochten, noch dazu, wo einige Hauptrollen doppelt besetzt sind.

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